Osnabrücker Mitteilungen 125 (2020)

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Osnabrücker Mitteilungen 125 (2020)
Weiterer Titel 

Erschienen
Erscheint 
erscheint jährlich (seit 1848)
ISBN
978-3-7395-1295-2
Anzahl Seiten
240 S.
Preis
€ 24,00

 

Kontakt

Institution
Osnabrücker Mitteilungen. Mitteilungen der Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück
Land
Deutschland
c/o
Schriftleitung: Dr. Birgit Kehne c/o Niedersächsisches Staatsarchiv Schloßstr. 29 49074 Osnabrück Tel. 0541/33162-14
Von
Brakmann, Thomas

Die Osnabrücker Mitteilungen 2020 sind erschienen

12 Abhandlungen, 17 Rezensionen, 22 Autoren, nahezu 50 Abbildungen auf 240 Seiten: Diese Zahlen verbergen sich hinter der 125. Ausgabe der Osnabrücker Mitteilungen, die der Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück herausgibt. Trotz der coronabedingten Einschränkungen konnte die wissenschaftliche Jahreszeitschrift pünktlich fertig gestellt und an die Vereinsmitglieder versendet werden. Der Band beleuchtet wie immer zahlreiche regionalgeschichtliche Themen.

Sebastian Steinbach untersucht die für Osnabrück nachzuweisenden spätmittelalterlichen Münzen, die mit einem „Gegenstempel“ versehen und hier über einen Zeitraum von gut 100 Jahren im Umlauf waren. Dem Autor gelingt es, die Herkunftsregionen der Münzen aus dem niederländisch-belgischen und dem nordostdeutschen Gebiet nachzuweisen. Damit legt seine hilfswissenschaftliche Studie die ökonomischen, sozialen und politischen Netzwerke Osnabrücks im 15. Jahrhundert offen.

Karl H. Neufeld beleuchtet schlaglichtartig die Auswertungsmöglichkeiten der edierten Generalkapitel-Rezesse der Bursfelder Kongregation, die bislang kaum von der Forschung beachtet wurden. Aus ihnen lassen sich wichtige Hinweise auf die Rolle entnehmen, die die Benediktineraktei Iburg in dieser Reformbewegung zwischen 1468 bis 1785 gespielt hat.

Heinrich Schoof untersucht mit der Geschichte des Bankenwesens in Dissen im 19. Jahrhundert das Phänomen des privaten Kreditwesens, das allgegenwärtig gewesen sein dürfte, aber bislang von der Forschung nur wenig Aufmerksamkeit genossen hat, was auch mit der schwierigen Quellenlage zu tun hat. Schoof wertet für seine Fragestellung die Überlieferung der im Raum Dissen ansässigen Notare aus, eine bislang kaum beachtete, aber in den staatlichen Archiven reichhaltig überlieferte Quellengruppe des 18. und 19. Jahrhunderts. Die Aufgabe von Notaren war und ist die Beurkundung von Rechtsgeschäften (u.a. Grundstückskaufverträge, Testamente und Erbverträge) jeglicher Art und von Tatsachenfeststellungen (z. B. Beglaubigungen). Damit sind diese Unterlagen für die Erforschung der privaten Kreditwirtschaft, die vor Einführung öffentlicher Banken gerade im ländlichen Raum nur schwer zu greifen allerdings eine gängige Praxis ist, eine ganz wichtige Quelle.

In drei kürzeren Beiträgen werden Aspekte der regionalen NS-Geschichte beleuchtet. Ernst Kosche untersucht das Leben der Osnabrücker Malerin Clara Witte-Pelz (1886-1956), die als Jüdin die NS-Zeit überlebte und deren Anträge auf finanzielle Wiedergutmachung für das ihr angetane Unrecht in den 1950er Jahren abgelehnt wurden. Ihr Grab findet sich auf dem Hasefriedhof. Fritz-Gerd Mittelstädt analysiert ein Porträt der Stadt Melle, das 1944 anlässlich eines Stadtjubiläums erschienen ist. Melle, so die Autoren dieses ideologisch geprägten Porträts, sei eine idealtypische deutsche Stadt, die ihre Entwicklung und Prosperität der nationalsozialistischen Planung und Förderung zu verdanken habe. Rolf Spilker rekonstruiert den Verlauf des ersten Luftangriffs auf Osnabrück am 23. Juni 1940, gibt Hinweise auf Reaktionen der Bevölkerung und schildert den Umgang der NS-Propaganda mit diesem Ereignis.

Helmut Lensing untersucht die grenzüberschreitende Niederdeutsch-Bewegung in der Grafschaft Bentheim, im Emsland und auf ost-niederländischer Seite, die zwischen 1945 bis 1960 durch Schaffung eines gemeinsamen Volks- und Sprachenbewusstseins einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung der früheren Kriegsgegner leistete. Diese „Entgrenzung der Grenze“ mündete zwar in der Gründung der „Euregio“; gleichwohl erfüllte sich die Vision eines grenzüberschreitenden Gemeinschaftsgefühls aller Niederdeutschsprachigen nie.

Reiner Wolf beleuchtet die Entwicklung und die Rolle der Jungen Union in Osnabrück während der 1968er Bewegung bis zur Gründung des Ortsverbandes der Schülerunion 1974. Die JU verfolgte erfolgreich das Ziel, die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz der CDU unter jungen Erwachsenen zu erhöhen und setzte in Osnabrück einen Verjüngungs- und Modernisierungsprozess in der etablierten Volkspartei in Gang. Als Motor des Wandels punkte die Jugendorganisation mit Lebensnähe und kümmerte sich tatkräftig um die realen Probleme der Jugendlichen. Damit hatte sie der linken Jugendleitkultur etwas entgegenzusetzen.

Thomas Brakmann skizziert die Debatte zu Hans Calmeyer im Osnabrücker Geschichtsblog. Anlässlich der Diskussion um die Umbenennung der Villa Schlikker wird im Blog des Historischen Vereins eine Kontroverse über die Rolle Calmeyers geführt, die dieser als Verwaltungsjurist einer deutschen Besatzungsbehörde in Den Haag bei der Verfolgung von niederländischen Jüdinnen und Juden eingenommen hat: War Hans Calmeyer eher ein Täter wie es insbesondere auf niederländischer Seite behauptet wird, oder doch eher - in Anlehnung an die Auszeichnung Calmeyers als „Gerechter unter den Völkern“ - ein „Gerechter“, ein Saboteur des Holocaust?

In der Rubrik „Möseriana“ untersucht Saskia Johann eine heute nicht mehr existierende Möser-Statue, die sich ursprünglich im Ständehaus in Münster befand und die die bekannte Bildhauerin Elisabeth Ney 1862 geschaffen hat. Isabelle Guerreau transkribiert 15 Briefe, die Jenny Möser zwischen 1763 bis 1766 an den Aufklärer Thomas Abbt verfasst hat und die heute in der Abteilung Bückeburg des Niedersächsischen Landesarchiv aufbewahrt werden. Martin Siemsen skizziert die Wirkungsgeschichte eines im Jahr 1780 anonym veröffentlichten Aufsatzes über die „Westfälischen Freygerichte“, dem Justus Möser als Autor zugewiesen werden kann.

17 Rezensionen sowie die Ausführungen zu den Aktivitäten des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein) im vergangenen Jahr runden wie gewohnt die Osnabrücker Mitteilungen ab.

Das Buch kann im Buchhandel zum Preis von 24 € erworben werden.

Bibliographische Angabe:
Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück 125 (2020), Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte; 240 S., 50 Abbildungen; ISSN 0474-8158 / ISBN 978-3-7395-1295-2; 24 €

Inhaltsverzeichnis

I. Aufsätze

Sebastian Steinbach: Die Osnabrücker Gegenstempel. Städtische Kontrollmechanismen
des Geldverkehrs im Spätmittelalter

Karl H. Neufeld: Die Abtei Iburg in der Bursfelder Kongregation 1468–1785

Heinrich Schoof: Frühe Entwicklung des Bankwesens im ländlichen Raum
am Beispiel der Gemeinde Dissen

Ernst Kosche: Clara Witte-Pelz – eine vergessene Malerin aus Osnabrück

Fritz-Gerd Mittelstädt: Landeskunde im Dienste ideologischer Indoktrination. Ein Jubiläums-Porträt der Stadt Melle aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges

Rolf Spilker: „Es gibt keinen Probealarm mehr in Osnabrück!“ Der erste Luftangriff auf Osnabrück am 23. Juni 1940

Helmut Lensing: Die Niederdeutsch-Bewegung nach 1945 in den Regionen
Grafschaft Bentheim, Emsland und Ost-Niederlande

Reiner Wolf: „Zweifrontenkampf“ – Die Osnabrücker Junge Union in den 68er Jahren

Thomas Brakmann: Täter oder Gerechter? Die Diskussion zu Hans Calmeyer im Osnabrücker Geschichts-Blog

Möseriana

Saskia Johann: „… Adel in Form“ – Die Statue Justus Mösers von Elisabet Ney

Isabelle Guerreau: Briefe von Jenny Möser an Thomas Abbt 1763–1766

Martin Siemsen: „Eine kurze Nachricht von den Westfälischen Freygerichten“.
Zu Entstehung und europäischer Karriere eines Möser-Textes

II. Besprechungen

Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hg.), Emsländische Geschichte 25 (Thomas Brakmann)

Hans-Peter Boer/Andreas Lechtape (Hg.), Kirchen, Klöster und Kapellen im Münsterland (Martin Schürrer)

Ulrich Andermann/Fred Kaspar, Leben im Reichsstift Herford, Münster (Martin Schürrer)

Dorothée Goetze/Lena Oetzel (Hg.), Warum Friedenschließen so schwer ist. Frühneuzeitliche Friedensfindung am Beispiel des Westfälischen Friedenskongresses (Martin Espenhorst)

Beate-Christine Fiedler/Christine van den Heuvel (Hg.), Friedensordnung und machtpolitische Rivalitäten. Die schwedischen Besitzungen in Niedersachsen im europäischen Kontext zwischen 1648 und 1721 (Martin Espenhorst)

Renate Oldermann, „Aus einem uhralten hochansehnlichen Geschlecht entsprossen …“. Die adligen Töchter im Stift Fischbeck. Herkunft, Selbstverständnis und Glaubenspraxis (Georg Wilhelm)

Ulrich Winzer/Susanne Tauss (Hg.), „Es hat also jede Sache ihren Gesichtspunct…“ Neue Blicke auf Justus Möser (1720–1794) (Martin Espenhorst)

Ulrike Sheldon, Einmalallezeit. Das Leben der Johanna Friederike von Bar nach Quellen erzählt (Ursula Meyer)

Dirk Ziesing, Das Ostfriesisch-Lingen-Tecklenburgische Landwehr-Infanterie-Regiment (3. Westfälisches) in den Befreiungskriegen 1813–1815 (Thomas Brakmann)

Bernd Haunfelder, Die Rektoren, Kuratoren und Kanzler der Universität Münster 1826–2016. Ein biographisches Handbuch (Martin Schürrer)

Willi Rülander, „Der Kulturkampf geht in seinem Sturmschritt weiter“. Kulturkampf in der Region. Das Emsland (Christof Haverkamp)

Martin Brune (Hg.), Den Liebsten was Treues: Feldpostbriefe aus dem 1. Weltkrieg von Franz Brune, Bad Laer, betrachtet im Lichte von E. M. Remarques ‚Im Westen nichts Neues‘ (Thomas Brakmann)

Eugen Kotte/Helmut Lensing (Hg.), Die Grafschaft Bentheim im Ersten Weltkrieg. „Heimatfront“ an der deutsch-niederländischen Grenze (Michael Haverkamp)

Heiko Schulze, Unsere Erste. Alwine Wellmann. Osnabrücker Abgeordnete und Vorkämpferin für Frauenrechte (1891–1966) (Nina Koch)

Geschichtsort Villa ten Hompel/Westfälisches Wirtschaftsarchiv (Hg.), „Wer spart, hilft Adolf Hitler“. Nationalsozialismus und Sparkassen – Münster und das östliche Münsterland (Jacqueline Meurisch)

Bildungswerk Stanislaw Hantz/Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart (Hg.), Fotos aus Sobibor. Die Niemann-Sammlung zu Holocaust und Nationalsozialismus (Sebastian Weitkamp)

Klaus Garber, Lebensreise. Blätter des Gedenkens (Thorsten Unger)

III. Jahresberichte

Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück e.V. Jahresbericht Oktober 2019 – Oktober 2020 (Birgit Kehne)

Homepage und HV-Blog (Thorsten Unger)

Arbeitskreis Stadt- und Regionalgeschichte (Karsten Igel)

Justus-Möser-Gesellschaft (Martin Siemsen)

Die Autorinnen und Autoren des 125. Bandes

Vorstand und Beirat des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück

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